Methoden der Softwareentwicklung:
Web-Engineering und Verteilte Systeme (SS 98)

Web-Engineering

Martina Schollmeyer

Web-Engineerung befaßt sich mit der methodischen Unterstützung des Entwicklers bei Entwurf und Realisierung von interaktiven World Wide Web-Anwendungen.

Nachdem in den ersten Jahren der Fokus des WWW fast ausschließlich auf die rein passive Darstellung von Informationen auf HTML-Seiten gerichtet war, sind nun vor allem die interaktiven Anwendungen auf dem Vormarsch. Dies wird z. B. durch die Verwendung der plattform- unabhängigen Programmiersprache Java, durch in die Webseiten integrierte ActiveX- oder JavaScript-Elemente, etc., möglich. Ebenso können uber die Schnittstellen der Webserver weitere Anwendungen an Webanwendungen angebunden werden.

Eine interaktive Anwendung wird über den Webbrowser auf den Benutzerclient geladen und direkt auf dem Rechner des Benutzers ausgeführt. Die Anwendungs-Logik kann damit auf den Client und den Server verteilt werden. Wenn zusätzliche Informationen benötigt werden oder die Anbindung an andere Anwendungen (sogenannte Middleware) nötig ist, wird z. B. der Webserver, ein Anwendungsserver, ein Datenbankserver oder ein Gateway vom Client aus angesprochen.

Es können also Datenbanken aufgerufen und abgefragt werden, z. B. für das Bestellen von Büchern und CDs, oder zum Abfragen des aktuellen Bahnfahrplans, etc. Es können Dritt-Anwendungen auf anderen Servern aufgerufen und ausgeführt werden. Über Gateways kann z. B. auf Legacy-Anwendungen zugegriffen werden. Die Anbindung all dieser Elemente erfolgt über definierte Schnittstellen und ermöglicht das Zusammenspiel vieler verschiedener Anwendungen auf einer einzigen Webseite.

Der Entwurf solcher komplexer Anwendungen bedarf mehr als nur der Verwendung von "Quick & Dirty" Methoden. Es muß sichergestellt werden, daß Schnittstellen und Abläufe definiert und abgestimmt werden, und das Anwendungen auch für den Benutzer im Internet einfach zu bedienen sind. Bis jetzt wurde von vielen Entwicklern im Bereich WWW kaum methodisches Vorgehen beim Entwurf und der Realisierung ihrer Webanwendungen verwendet. Dies ist der Fall, obwohl die Methoden des Software-Engineering in Bezug auf Webanwendungen (das sogenannte Web-Engineering) bereits in der Literatur vorgestellt wurden (siehe [GPS93], [SLHS93], [ISB95], [SRB95], [SR95], [SRB96], [Lang96]).

Das Problem ist oft, daß das WWW ein Medium ist, in dem man schnell einfache Lösungen ohne vorhergehende Analyse produzieren und testen kann, und wo komplexe Anwendungen aus einfachen herauswachsen, die einfach immer weiter ergänzt werden. Das Ziel des Web-Engineering ist deshalb die Unterstützung der methodischen Entwicklung von interaktiven Webanwendungen.

Folien zur Vorlesung

Literatur:

[GPS93] Garzotto, F., Paolini, P. & Schwabe, D. HDM - A Model-Based Approach to Hyper-text Application Design. ACM Transactions on Information Systems, Vol. 44, No. 1, 1993, S. 1-26.

[ISB95] Isakowitz, T. Stohr, E.A. & Balasubramanian, P. RMM: A Methodology for Structured Hypermedia Design. Communications of the ACM, Vol. 38, No. 8, 1995, S. 34-44.

[Lang96] Lange, D. An Object-Oriented Design Approach for Developing Hypermedia Information Systems, Journal of Organizational Computing, Vol. 6, No. 3, 1996. S. 269-293.

[SLHS93] Schnase, J.L., Legget, J.J., Hicks, D.L. & Szabo, R.L. Semantic Data Modelling of Hypermedia Associations. ACM Transactions on Information Systems, Vol. 44, No. 1, 1993, S. 27-50.

[SR95] Schwabe, D. & Rossi, G. The Object-Oriented Hypermedia Design Model. Communications of the ACM, Vol. 38, No. 8, 1995, S. 45-46.

[SRB95] Schwabe, D., Rossi, G. & Barbosa, S.D.J. Abstraction, Composition and Lay-Out Definition Mechanisms in OOHDM. Electronic Proceedings of the ACM Workshop on Effective Abstractions in Multimedia, 1995, San Francisco, California.

[SRB96] Schwabe, D., Rossi, G., & Barbosa, S.D.J. Systematic Design of Hypermedia Appli-cations using OOHDM. Proceedings of the ACM Conference on Hypertext, Hypertext'96, Washington DC, 1996.

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